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No. 173581
>>173580 Das Abendland, das ist heute ein GI, der in einem Abraham M1 Panzer nach Falloudja rast und volle Pulle Hardrock hört. Es ist ein Tourist, der verloren mitten in den Ebenen der Mongolei von allen verlacht seine Kreditkarte umklammert wie den letzten Strohhalm. Es ist ein Manager, der auf nichts schwört außer auf das Spiel Go. Es ist ein junges Mädchen, das sein Glück bei Klamotten, Männern und Feuchtigkeitscremes sucht. Es ist ein schweizer Menschenrechtsaktivist, der um alle vier Ecken des Planeten reist, solidarisch mit allen Revolten, sofern sie niedergeschlagen werden. Es ist ein Spanier, der auf die politische Freiheit scheißt, seit ihm die sexuelle Freiheit gewährt wurde. Es ist ein Kunstfreund, der zur erstarrten Bewunderung und als letzten Ausdruck des Genies der Moderne ein Jahrhundert an Künstlern darbietet, die, vom Surrealismus bis zum Wiener Aktionismus, darum konkurrieren, wer am zielgenausten auf das Gesicht der Zivilisation spuckt. Es ist schließlich ein Kybernetiker, der im Buddhismus eine realistische Theorie des Bewusstseins gefunden hat und ein Teilchenphysiker, der in der Metaphysik des Hinduismus nach Inspiration für seine neusten Entdeckungen sucht.
Das Abendland, das ist jene Zivilisation, die alle Prophezeiungen über ihren Untergang durch eine eigenartige List überlebt hat. So wie das Bürgertum sich als Klasse verneinen musste, um die Verbürgerlichung der Gesellschaft vom Arbeiter bis zum Baron zu ermöglichen. Wie sich das Kapital als Lohnverhältnis opfern musste, um sich als soziales Verhältnis durchzusetzen, um dadurch zu kulturellem Kapital und gesundheitlichem Kapital, wie auch zu finanziellem Kapital zu werden. Wie das Christentum sich als Religion opfern musste, um als affektive Struktur zu überleben, als diffuse Mahnung zu Demut, Mitgefühl und Ohnmacht, das Abendland hat sich als besondere Zivilisation geopfert, um sich als universelle Kultur durchzusetzen. Das Vorgehen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Ein im Sterben liegendes Gebilde opfert sich als Inhalt, um als Form zu überleben.
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